Mit Tatkraft zurück in das Berufsleben

Wer keine gradlinige Erwerbsbiografie aufweist und für längere Zeit ohne Job ist, dem fällt die Rückkehr in den Arbeitsmarkt oft schwer. So sind beispielsweise früher erworbene Qualifizierungen und Erfahrungen oftmals nicht mehr gefragt oder es fehlt nach vielen Jahren die Hoffnung zur Berufsrückkehr. Für Roland Donat (56) aus Wrist war allerdings klar: „Ich will meine letzten zehn Arbeitsjahre im Erwerbsleben verbringen!“ Unter schwierigen Voraussetzungen war ihm der Wiedereinstieg ins Berufsleben allerdings bisher nicht geglückt.

Als der gelernte Straßenbahnfahrer und Elektriker diese Tätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben konnte, schulte er zunächst zum Bürokaufmann um. Ohne Berufserfahrung fand er in diesem Bereich allerdings keine Stelle und blieb so auf Unterstützung vom damaligen Arbeitsamt angewiesen. Aufgegeben hat er sich dennoch nie. Stattdessen war es ihm immer wichtig, „in irgendeiner Form etwas zu machen und den Kopf in Gang zu halten“, erklärt Roland Donat. Er nahm Ein-Euro-Jobs als Hausmeister und Gemeindehelfer an, gelangte darüber aber nie in eine Festanstellung. Als sich mit dem Bundesfreiwilligendienst eine neue Möglichkeit der Beschäftigung ergab, arbeitete er zum ersten Mal im sozialen Bereich und begleitete Menschen mit geistiger oder körperlicher Beeinträchtigung. Ein richtiger Job ergab sich daraus allerdings wieder nicht.

Um Langzeitarbeitslose wie Roland Donat auf dem Weg zurück ins Erwerbsleben individuell zu unterstützen, wurde 2016 an der Akademie für Gesundheits- und Sozialberufe (AGS) in Itzehoe das Projekt „Tatkraft im Norden“ ins Leben gerufen. Gefördert wird es durch das Landesprogramm Arbeit, den Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie das Jobcenter Steinburg. Da aufgrund des demografischen Wandels Arbeitskräfte im Gesundheits- und Sozialwesen besonders gefragt sind und so die Chancen für den Wiedereinstieg gut stehen, zeigt die AGS Interessierten Perspektiven in diesem Bereich auf und bereitet sie umfassend auf eine Tätigkeit vor.

Am Anfang von „Tatkraft“ steht eine intensive Beratung der Arbeitsuchenden, bei der die aktuelle Situation erfasst und ein persönliches Entwicklungsprogramm erstellt wird. Dazu gehören beispielsweise auch Themen wie gesunde Ernährung, Stressabbau und Selbstreflexion. Was in der Fachsprache „Aktivierung“ der Langzeitarbeitslosen heißt, bedeutet, sie nach vielen Jahren der Erwerbslosigkeit wieder an eine tägliche Routine heranzuführen, sie zu motivieren und sie auf das Miteinander im Berufsleben vorzubereiten. Aufbauend auf die jeweiligen Stärken der Teilnehmenden wird eine passgenaue Qualifizierung ermöglicht. Während Praktika sammeln die Jobsuchenden erste Erfahrungen und können sich gleichzeitig als neue Mitarbeiter in den Betrieben und Einrichtungen empfehlen. Die Akademie unterstützt sie zudem mit Einzelcoachings während der Bewerbungsphase. Auch nach dem Start im neuen Job werden die Teilnehmenden durch die Mitarbeiterinnen der AGS bis zu sechs Monate betreut, um so das Ankommen und erste Anlaufschwierigkeiten zu meistern.

Als Roland Donat zur Akademie kam, war er aufgerieben von beinahe 15 Jahren Arbeitslosigkeit. „Ohne Aussicht, jemals wieder am Erwerbsleben teilzunehmen und voller Misstrauen betrat ich die Räume der AGS“, erinnert er sich. In den folgenden Monaten standen für ihn zunächst Themen wie Projektarbeit, Hauswirtschaft und Verständigung auf dem Unterrichtsplan. Um potenzielle Arbeitgeber zudem mit einem anerkannten Abschluss zu überzeugen, qualifizierte er sich zur Betreuungskraft nach §87b SGB XI (inzwischen § 53c SGB XI). Über ein Praktikum konnte er mit seinem neues Wissen in der Kieler Pflegeeinrichtung Friederica-von Ellendsheim-Haus punkten und wurde nach Ende der acht Wochen Erprobung übernommen. Seit November vergangenen Jahres ist er dort fest angestellt und unterstützt das Pflegepersonal bei Mahlzeiten und Freizeitangeboten wie Spaziergängen Basteln, Singen oder Turnen. Das Wissen aus der Qualifizierung legte dabei den Grundstein: „Alles was ich in der Akademie sah, hörte und tat, fand ich später in den Einrichtungen wieder“, berichtet Roland Donat. Seine vielseitige Berufs- und Lebenserfahrung gibt ihm die nötige Ruhe im täglichen Umgang mit den Pflegebedürftigen. Nach vielen Jahren ist Roland Donat nicht nur wieder im Berufsleben angekommen, er hat auch eine erfüllende Aufgabe gefunden. Dankbar ist er der AGS vor allem für die umfassende Unterstützung: „Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl: ‚Hier wird niemand fallen gelassen’. Bei Problemen suchten die Dozentinnen stattdessen das Gespräch, boten Lösungen an und fragten nach. Und sie setzten sich für die Teilnehmenden bei den Betrieben ein. Dieses Quäntchen mehr ist meiner Meinung nach der Schlüssel zum Erfolg.“

Ein Einstieg in das Projekt „Tatkraft im Norden“ ist für Langzeitarbeitslose mit Interesse an einer Tätigkeit im Gesundheits- und Sozialwesen jederzeit möglich. Weitere Details sind bei Friederike Netzow von der AGS unter Tel. (0 48 21) 77 02 – 578 oder per E-Mail an friederike.netzow(at)ags-sh.de zu erfahren.


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